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09.08.2022
„Ja, ist denn schon wieder Sommer?“ – Insektenschutz
Die erste Mücke wurde schon gesichtet. Hinter der Waschmaschine flog sie zögerlich hervor. – Das erinnert daran, daß die Tage länger und wärmer werden und – in meiner Wohngegend ab Juni spätestens – sehr sehr lästig werden können. Je nach Regenmenge und gut dichtender Abdeckung der Regentonnen.
Zeit also, meine Abschlußarbeit der Aromapraktiker-Prüfung hervorzuholen und mein bewährtes Rezept noch einmal zu überfliegen. – Bei der Gelegenheit wurde nicht nur das Rezept gelesen, sondern gleich noch die ganze Arbeit. Da entdeckt man Dinge, die man schon wieder vergessen hatte und plötzlich wieder sehr interessant findet.
Eine Menge an hilfreichen Rezepten über selbstgefertigten Mückenschutz lassen sich in einschlägiger Literatur und im Netz finden. – Die Wirksamkeit von Kokosöl wird schon als Grundwissen vorausgesetzt. Bei Citronella zucken alle mit der Achsel. Zeder und Zitrone? Wissen wir. Lavendel? Eh klar. Und so weiter.
Die Mitstreiter gegen die Plagegeister sind also nicht neu. – Was meine Augenbrauen sich ein wenig heben ließ, war meine Schlußfolgerung aus der Zusammensetzung. – Und meine Fragestellung: Warum hilft so ein Mückenspray eigentlich? – Allein der Duft wird’s ja nicht sein, sonst hätte man das „Stichfrei-Allheilmittel“ ja längst zur Serienreife gebracht und patentiert. Eine Goldgrube wäre es. – Da ich nun hoffe, das Leseinteresse geweckt zu haben, darf ich etwas weiter ausholen und nicht nur Inhaltsstoffe, Zusammensetzung und Dosierung vorstellen, sondern auch die Schlußfolgerung aus der Zusammensetzung aus einem anderen Blickwinkel vorstellen.
Kurz und Knapp: Die Grundmischung
Sollte der eilige und wohlinformierte Leser schon zum nächsten Termin huschen müssen, will ich ihn nicht unnötig auf die Folter spannen. – Mit dieser Auflistung ist dem Profi das meiste schon gesagt.
„Mückenschreck“-Grundmischung (5 ml)
1 ml Citronnella (Cymbopogon nardus) - Kopfnote - Blätter
1 ml Zitrone (Citrus limon) - Kopfnote - Schale
5 Tropfen Niaouli (Melaleuca viridiflora) - Kopfnote - Blätter
1 ml Rosengeranie (Pelargonium graveolens) - Herznote - Blätter
1 ml Lavandin (Lavandula hybrida) - Herznote - Kraut und Blüte
3 Tropfen Zimtblätter (Cinnamomum ceylanicum) - Herznote - Blätter
1 ml Zedernholz (Cedrus atlantica) - Basisnote - Holz
3 Tropfen Vetiver (Vetivera zizanoides) - Basisnote - Wurzel
Kurz und Knapp: Darreichungsformen – Schnelle & simple Rezepte im Überblick
Als Insekten-Spray: In einem Sprühfläschchen 20 Tropfen Grundmischung in 2-3 ml Alkohol auflösen mit 50 ml Rosen-, Rosengeranien- oder Melissenhydrolat auffüllen
Als Insekten-Öl: In 20 ml Jojobaöl (oder ein anderes fettes Öl nach Wahl) werden 12 Tropfen der Grundmischung verschüttelt.- Das ansonsten nicht genug zu lobende Kokosöl hat diesbezüglich einen großen Nachteil. Mal ist es fest und will an einem kühlen Tag nicht aus dem Pumpspender. Dann wieder ist es so flüssig,daß es von selbst aus dem Tiegelchen läuft. – Ich bevorzuge Jojobaöl, evtl. in Mischung mit anderen hautpflegenden Ölen.
Als Raumduft: Einige Tropfen der Grundmischung in der Duftlampe in Wasser oder ein passendes Hydrolat nach Wahl verdunsten lassen (siehe oben). Auch eine Anwendung in einer selbsthergestellten Duftkerze ist eine Möglichkeit: Allerdings ist dafür ziemlich viel der Grundmischung vonnöten. – 50 g Sonnenblumenöl, 50 g Kokosöl und 20 g Bienenwachs im Wasserbad schmelzen und etwas abkühlen lassen. Abkühlen und 45-50 Tropfen der Grundmischung zugeben. In ein Gas mit zentriertem Doch gießen und erhärten lassen.
Im Schnitt – so haben Forscher herausgefunden - dauert es 4 Minuten bis eine weibliche Mücke ihr Blut-Opfer ausgemacht hat. Sie lebt 30 Tage und legt alle 3 Tage ihre Eier ab. Blut braucht sie als Eiweißquelle für die Eiproduktion. Sie riecht ihre Opfer von weitem. Eine bestimmte Zusammensetzung ist für sie unwiderstehlich. – Ammoniak, Essig- und Hexansäure spielen eine große Rolle. Aber Milchsäure ist das, was am betörendsten auf die Quälgeister wirkt. – So hat die Theorie vom „süßen Blut“ doch einen wahren Kern. Die Zusammensetzung des Blutes bestimmt den Hautgeruch. Und so ist der eine unwiderstehlich und der andere wird verschmäht.
Die „chemischen Keulen“ helfen zuverlässig und sind alles andere als harmlos. DEET zählt (nach Herstellerangaben) immer noch zu den wirksamsten Mitteln. Die Wirkung Ätherischer Öle wird hingegen gerne herabgespielt (und dennoch bisweilen patentiert). – Grundsätzlich wirken alle „Insekten-Repellents“ als „Duftmantel“, der verhindert, daß die Mücke den Wirt wahrnimmt. Nach gewisser Zeit baut sich diese Wirkung ab.
Die Fachliteratur ist bezüglich der Ätherischen Öle zur „Abwehr von Insekten“ etwas einsilbig. Als wirksam gelten Bergamottminze – Citronella – Zitronen-Eukalyptus – Rosengeranie – Lavendel – Lemongrass – Niaouli – Palmarosa – Teebaum. In der Pharmazeutischen Zeitung wurden in einem Artikel noch weitere „Naturstoffe mit Repellentwirkung“ aufgelistet: Anis – Basilikum – Campher – Cajeput – Kiefer – Knoblauch – Muskat – Nelke – Neroli – Pfefferminze – Rosmarin – Thymian – Zeder – Zimt. – Zugegeben klingt schon die olfaktorische Wirkung von Knoblauch-Kokos-Kiefer-Rosengeranie etwas abschreckend. Da will also wohl kombiniert sein.
Die wirksamsten Inhaltsstoffe eines guten Insektenschrecks sind Geraniol – Linalool – Menthol – Citronellal – Eugenol – Limonen. Schon mit diesen Angaben und einem guten Fachbuch läßt sich eine eigene Grundmischung kreieren. – Ach ja, und hautpflegend darf die Mischung auch sein.
Wirksame Inhaltsstoffe (nach Wabner / Bauer)
Geraniol (Rosengeranie 18% - Citronella 17-21% - Zitrone 0,1% - Niaouli in Spuren) – Linalool (Rosengeranie 11-14% - Citronella 0,5-1,3% - Zitrone 0,2% - Niaouli 0,15% - Lavandin 31-33%) – Menthol (Rosengeranie 0,2% - Citronella in Spuren) – Citronellal (Citronella 17-21%) – Eugenol (Rosengeranie in Spuren – Citronella in Spuren – Zimtblätter 70-80%) – Limonen (Rosengeranie 0,2-,6%, Citronella (8-11% - Zitrome 65% - Lavandin 0,7% - Zeder 1,2% - Zimtblätter 0,5 %) – Da schälen sich schon klar einige Favoriten heraus.
Citronella (C. nardus) ist unter den Cymbopogon-Arten der Star. Weniger in der Arompraxis, sehr in der Insektenabwehr. Eine Studie belegt, daß Kerzen mit 3%iger Citronella-Konzentration Moskito-Landungen um 45% verringern sollen. – Zudem hat es eine hohe spasmolytische Wirkung und ist gut hautverträglich. – Lemongras weist eine noch höheren Anteil an insektenabwehrendem Citral auf (70%). In Duftlampen also gut einsetzbar, in Produkten für die Haut ist Citronella, als dem verträglicheren Öl, der Vorzug zu geben.
Zitrone wirkt stimmungsaufhellend, kann die Dopaminproduktion fördern. Seit alters her soll sie vor bösen Geistern schützen. (Allein das empfiehlt sie schon fürs Insektenmittel!). Auch hier gilt zu bedenken, daß Zitrone bei empfindlichen Personen eventuell photosensibilisierend wirken kann. Da der Mückenschutz ja hauptsächlich in der Dämmerung verwendet wird, sollte es kein Problem sein.
Niaouli hat in seiner Heimat Neukaledonien den Ruf, durch seine duftenden Ausdünstungen Mücken zu vertreiben, von denen es in der feuchten Hitze viele gibt. Das Öl ist mild und wunderbar verträglich, sogar pur ist es noch ausgezeichnet verträglich. – Und damit, aber auch wegen des Geruchs, zeichnet es sich vor dem eng verwandten Teebaum und Cajeput aus.
Lavendel und Lavandin werden seit altersher zur Abwehr von Insekten eingesetzt. Vom Mottensäckchen bis zu pur auf die juckende, schmerzende, verletzte Haut aufgetragen. Lavendel geht immer. Lavandin erhielt den Vorzug in dieser Mischung, wegen des anregenderen Duftes und des hohen Linalool-Gehaltes wegen.
Rosengeranie empfiehlt sich schon allein durch seine hautfreundliche Wirkung. Außerdem stabilisiert es die Nerven, was schon hilft das Mückengesumme besser zu ertragen. Außerdem wirken seine Inhaltstoffe Citronellol, Geraniol, Linalool zuverlässig insektenabwehrend. Der hohe Estergehalt entkrampft den Sommerabend zusätzlich.
Vetiver trägt den Volksnamen „Mottenwurzel“, der beide herausragenden Eigenschaften des Süßgrases bestens umschreibt. Bis zu 3 m tiefe Wurzeln versprechen Erdung, sie wurden und werden traditionell zu insektenschützenden Matten verarbeitet. Sie versprechen Schutz von Motten und Mücken. Und durch den hohen Anteil an Sesquiterpenen (50%) ist es außerordentlich hautfreundlich. Als Fixativ leistet das Öl gute Dienste in der Mischung.
Zeder erdet und beruhigt ebenfalls. Und vertreibt Insekten. Jeder kennt die Holzklötzchen gegen die Motten im Schrank. Hautpflegend und juckreizstillend wirkt das Öl, es beruhigt und harmonisiert.
Zimt gilt ebenfalls als zuverlässiges Mittel gegen die lästigen Mücken. Zimtöl töte Mückenlarven zuverlässiger ab als Insektizide, fand eine Studie 2004 in Taiwan heraus. Es könne auch gegen ausgewachsene Exemplare helfen, so hofften die Forscher. In der Grundmischung wird Zimtblätteröl verwendet, da es einen höheren Anteil an Eugenol (70-80%) und einen niedrigeren Anteil des hautreizenden Zimtaldehydes (3% statt 55-70% im Zimtrindenöl) aufweist. Ebenso ist der Duft milder und ist weniger erwärmend als das Rindenöl. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil an einem ohnehin schweißtreibenden Sommerabend.
Die Wirkung
Mehrfach erlebt und erprobt – die „maskierende“ Wirkung der Mittel funktioniert. Sie klingt allerdings rascher wieder ab als bei handelsüblichen Mitteln. Da aber gut verträglich, schadet die mehrfache Anwendung pro Abend auch nicht.
Alle Öle wirken stärkend, klärend, nervenberuhigend. – Sie verhelfen alle zu einer ruhigen heiteren Aura. Der entspannte Mensch ist duftend „maskiert“ und kann in „heiterer Gelassenheit“ den Abend genießen. (Mich würde doch zu sehr interessieren, ob und wie meßbar die Ätherischen Öle durch ihre psychische Wirkung auch auf den Milchsäuregehalt der Haut Einfluß nehmen.)
Man könnte sagen … Das Öl führt also dazu, daß man gestärkt (Citronella – Niaouli – Zimtblätter – Rosengeranie – Zeder) in klarer Atmosphäre (Citronella – Niaouli) ein angeregtes, belebendes Gespräch (Citronella – Niaouli – Lavandin – Zimtblätter) führen kann, ohne die Angst (Lavandin – Vetiver – Zeder) von Mücken gestochen zu werden, dies hellt die Stimmung auf (Zitrone – Vetiver –Zeder) und man kann beruhigt (Lavandin – Vetiver – Zeder) und ausgeglichen (Lavandin – Vetiver – Rosengeranie) seinen Feierabend genießen und regeneriert und geerdet (Vetiver) in den nächsten Tag starten …
Als Ölmischung auf die Haut aufgetragen hält die Wirkung zwar etwas länger vor, jedoch empfinde ich die Anwendung des Sprays mit Hydrolat als angenehmer. Auch kann das Gesicht damit erfrischt, Haare und Kleidung mit dem Spray mückensicher „imprägniert“ werden. Zudem riecht die Mischung ganz wunderbar.
Die Fläschchen leeren sich entsprechend schnell.
Wohl dem, der eine Destille sein eigen nennt und in der Kunst der Destillation (Ars Destillatoria) geübt ist. Die Ätherischen Öle lassen sich zwar – außer Lavendel - mit einer Destille im „haushaltsüblichen“ Maßstab nicht gewinnen, sehr wohl aber qualitätvolle Hydrolate, die die Basis für Naturkosmetik, Gesichtswasser, Aromaküche und eben auch Insekten-Sprays sein können. Und so kann der heimische Lavendel vom Balkon oder die überdimensional gewachsene Rosengeranie sich nach dem Rückschnitt in duftendes Pflanzenwasser verwandeln, anstatt auf dem Kompost zu landen.
Herzliche Grüße, Claudia
Admin - 00:20 | Kommentar hinzufügen
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